VOM SCHREIBEN UND VERÖFFENTLICHEN

Immer mal wieder schickt mir jemand ein Manuskript zu oder fragt mich, wie sie einen Verlag oder eine Agentur finden können – oder ob sie lieber selbst veröffentlichen sollten und wie das geht. Ich werde in diesem kleinen Beitrag versuchen, ein paar Antworten zu geben und erzählen, wie es bei mir war.

Es gibt viele Arten zu schreiben und viele Wege dahin. Ich denke, das Wichtigste ist, das Schreiben zu lernen und es ist eine dauerhafte Aufgabe und auch meine Leidenschaft, besser zu werden.
Ich liebe Bücher und Geschichten und das Schreiben gleichermaßen. Ich bin immer wieder baff, wenn ich mit Leuten spreche, die in irgendeiner Form anzweifeln, dass man Schreiben lernen kann, insbesondere kreatives Schreiben.
Genauso wie es in der Malerei Techniken gibt, die man lernen kann, gibt es Schreibtechniken. Es gibt eine handwerkliche Basis, die man trainieren und verbessern kann. Seinen eigenen Stil, seine eigene Stimme muss man immer noch finden. Aber wie immer hilft es, die Grundlagen seines Fachs zu verstehen, um dann seine eigene Richtung zu entwickeln.
Nein, ihr braucht kein Hollywood 0815-Manuskript zu schreiben, aber dennoch hilft es, zu verstehen, warum einige Hollywood-Geschichten mit bestimmten Strickmustern so gut funktionieren! Wer es ernst meint mit dem Schreiben, sollte lesen wie ein Schriftsteller: Wie hat der Autor diesen Effekt erzielt? Wie hat er seine Geschichte aufgebaut? Wie hat er Spannung erzeugt? Warum liebe ich eigentlich diesen Dialog?
Ich habe schon Lieblingsszenen von anderen Autoren abgeschrieben oder übersetzt, um zu verstehen, wie sie funktionieren, wie ihr Schreibstil funktioniert. Ich denke, man sollte so viel über das Schreiben zu lernen versuchen wie möglich, Seminare besuchen, offline und online Gleichgesinnte suchen und sich über seine Geschichten austauschen.
Als ich jung war, gab es kein Wattpad, wie sehr würde ich es heute lieben, dort mit anderen in Geschichten zu schwelgen und meine ersten Schreibversuche zu diskutieren! Ich würde auch heute gern mehr Zeit dort verbringen, aber natürlich kann man auch nicht alles machen und ich fokussiere mich auf andere Platformen. Das Internet ist für Autoren so großartig, ich habe schon online Seminare über Drehbuchschreiben an der UCLA belegt und bin in einer New Yorker Lyrik-Schreibgruppe. Ich bin in Facebook-Gruppen zum Thema, habe inzwischen aber auch offline Autorenfreunde, mit denen ich mich treffe und austausche. Das ist einfach fabelhaft. Und ich hoffe, dass ich noch viel mehr über das Schreiben lernen werde und einige tolle Bücher noch vor mir liegen. Gerade habe ich einen Vertrag mit Carlsen Impress abgeschlossen, wo eine Jugendbuchreihe erscheinen wird, auf die ich mich ungemein freue. Sie ist sehr nah an meinem Herzen geschrieben.

Aber wenn ich nun einen Agenten suche, wie finde ich einen oder einen Verlag? Ich habe meine Verlage selbst gefunden, war aber auch schon einmal bei einer großen Literaturagentur unter Vertrag, von der ich mich auf eigenen Wunsch wieder getrennt habe. Die Zusammenarbeit war einfach nicht so produktiv, wie ich es mir erhofft hatte. Auch das kann passieren.
Die Agentur habe ich mit einem ganz normalen Anschreiben gefunden, sogar vier Agenturen hatten damals Interesse bekundet und ich bin, entgegen meinem Bauchgefühl, einfach zur größten gegangen. Das Verrückte: das Manuskript, das so viel Interesse erregt hatte, fand letztlich keinen Verlag. Einen Verlag habe ich dann selbst gefunden, aber erst für mein nächstes Buch und zwar schlicht mit Anschreiben, Lesprobe und Exposé. Ich hatte keine Beziehungen. Jetzt habe ich Beziehungen, aber jeder fängt ohne Beziehungen an und wenn das Manuskript nicht ins Programm passt oder schlecht ist, hilft auch keine Beziehung. Also: nicht einschüchtern lassen, besser werden, natürlich bleiben und sich nicht verdrehen und es immer wieder versuchen.

Ihr müsst natürlich mit Eurem Manuskript überzeugen. Es gibt fantastische Manuskripte, für die ein Agent keinen Markt sieht und die er deshalb ablehnen muss. Aber weiterhin müsst Ihr ihn oder sie auch davon überzeugen, dass Ihr Euer Schreiben ernst nehmt, dass Ihr möglichst noch mehr Bücher schreiben möchtet, dass Ihr bereit seid, an Eurem Schreiben zu arbeiten. Ich habe früher an Schreibwettbewerben teilgenommen und Kurzgeschichten veröffentlicht, nicht zuletzt, um den Verlagen zu zeigen: Hey, ich meine das ernst mit dem Schreiben! Ich habe ausführliche Absagen erhalten und ich habe bei Absagen auch mal nachgefragt: Hättet Ihr noch einen Tipp für mich? Und ja: ich habe Tipps bekommen. Heute könnt Ihr zudem noch selbst veröffentlichen, dazu findet Ihr ebenfalls alle Infos im Internet und einige Personen sind extrem erfolgreich damit. Diese Möglichkeit gab es vor ein paar Jahren noch nicht (jedenfalls nicht kostenlos), was für eine Befreiung!
Und einen letzten, ganz konkreten Tipp habe ich noch: Letztes Jahr war ich bei der Leipziger Autorenrunde während der Messe. Das war eine tolle Veranstaltung mit Verlagsautoren, Lektoren, Selfpublishern, Verlagen – es gab Tischrunden zu allen möglichen Themen rund ums Schreiben und Veröffentlichen und ganz viele Gleichgesinnte. Ich werde da sicher noch mal hingehen. Ich wünsche Euch von Herzen ganz viel Erfolg für Euren Weg!

Diesen Beitrag habe ich in leicht abgeänderter Form auch bei Sonja von http://abookshelffullofsunshine.blogspot.de während einer Blogtour veröffentlicht.

Julia Stein